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Open Agile Architecture - eine Einschätzung

Was ist los?

Ende September 2020 veröffentlichte die Open Group ein neues Werk: „Open Agile Architecture – A Standard of The Open Group“ (https://publications.opengroup.org/standards/c208) . Aussage der Open Group „Open Agile Architecture ™, ein Standard der Open Group, bietet einen agilen Ansatz für Architekten. Es bietet Anleitungen und Best Practices für Unternehmens-architekten, die in agile und digitale Kontexte übergehen möchten.“ verspricht Unternehmensarchitekten endlich Werkzeuge an die Hand zu geben, die die Kluft zwischen den Anforderungen einer digitalen, zugleich agilen Umwelt und der traditionalen Architekturentwicklung, wie z.B. im TOGAF ADM, zu überwinden hilft. Nach erster Durchsicht des Papiers komme ich zu dem Schluss: Es ist in Teilen gelungen.

Zielsetzung der O-AA

Die Open Agile Architecture (O-AA) verfolgt das Ziel, sowohl die digitale Transformation als auch die agile Transformation aus Architektursicht zu beschreiben. Es sind nach Auffassung der Open Group zwei Seiten einer Medaille, die einander bedingen. Das Bild der einen Hand, die eine andere Hand zeichnet und die andere Hand, die die eine Hand zeichnet, drückt diese Abhängigkeit sehr schön aus. Die O-AA ist in zwei Teile gegliedert. Zum einen der O-AA-Kern, der die wesentlichen Kernkonzepte vorstellt, und zum anderen die Beschreibung der sog. Building Blocks, die eine Verfeinerung des ersten Teils darstellen.

Grundkonzepte der O-AA

Die O-AA beschreibt das Unternehmen als Ganzes. Das ist anders als in TOGAF, denn in TOGAF wird nicht beschrieben, wie die Geschäftsarchitektur zu strukturieren ist. Die O-AA versucht hier einen neuen Weg, in dem es das Produkt mit Product-Owner und Product Manager und den Service in den Vordergrund stellt. Dies zeigt sich in der Aufteilung „What the enterprise is?“ und „What the enterprise does?“. Beide Seiten stehen in Beziehung zueinander. „What the enterprise is?“ ist TOGAF ähnlich zu verstehen (s. TOGAF Content Model), „What the enterprise does?“ ist eher das Neue, das auch das Geschäft umspannt. Um den Herausforderungen der digitalen/agilen Transformation in Unternehmen Rechnung zu tragen, werden auch Customer Experience Modelle eingebettet. Das Konzept der Perspektive (Experience, Work System, Technical System) auf das Unternehmen bzw. dessen Architektur zur Gruppierung der building blocks ähnelt ein wenig den Aspekten (Geschäft, Information, Applikation, Technische Infrastruktur) des TOGAF-Content-Modells, ohne jedoch so stark zu strukturieren. Der Begriff der Value Streams hat Einzug gehalten als Bindeglied um Geschäftsprozesse. Ähnlichkeiten zu der Sichtweise von ITIL V4 sind zu erkennen. Bemerkenswert ist, dass Artifical Intelligence (AI) als Technologie auf der Ebene der Building Blocks genannt wird, ohne jedoch auf andere Technologien einzugehen. AI scheint also aus Sicht der Autoren wichtig zu sein.

Die Architekturentwicklung wird nicht als durchgängiger Top-Down-Prozess beschrieben, sondern als Intentional Architecture, wie in der agilen Community diskutiert wird. Dabei wird auf ausgeprägtes Big Up Front Design (BUFD) verzichtet. Dennoch wird die Notwendigkeit von Leitplanken auf Ebene „Enterprise“ gesehen. Ein Beispiel sind übergeordnete Verortungsstrukturen, z.B. auf Ebene der Domänen und Subdomänen. Architekturentwicklung erfolgt dabei kontinuierlich, über verschiedene Granularitätsebenen hinweg, ohne die entstehende (emergent) Architektur zu unterbinden. Das Konzept des Domain Driven Designs schließt daran an und bildet mit dem Konzept bounded context endgültig die Möglichkeit, die Architektur von IT-Anwendungen (oft Microservices) zu beschreiben.

Der O-AA-Ansatz löst damit die Trennung zwischen Enterprise- und Solution -Architecture auf.

Hilfreich sind Hinweise auf Muster oder Anti-Muster, wie z.B. „Moving Away from Monolithic Data Architecture“. Es beschreibt die Abkehr von domänenübergreifenden Datenlandschaften hin zur segmentierten Datenarchitektur.

Die IT-Organisationsentwicklung wird mit dem Hinweis auf Conways Inverse Maneuver dargestellt, nach dem die Organisation der Struktur der Architektur folgt.

Fazit

Ohne ins Detail gehen zu wollen, die OO-A erfüllt nach meiner Einschätzung den Zweck, verschiedene Praktiken im Kontext der agilen Transformation und digitalen Transformation in einen Architekturrahmen zu heben. Die lange Liste der Referenzen ist ein Hinweis darauf. Dieser Zusammenhang ist als neu zu bezeichnen. Hier liegt der wesentliche Mehrwert des Standards. Daneben steht die heilende Darstellung der intentional Architekturentwicklung.

Somit ist O-AA ein Hilfsmittel in der Diskussion in Unternehmensorganisationen, wenn die agile und digitale Transformation ansteht. Es ist aber keine Blaupause und ersetzt aus meiner Sicht nicht TOGAF. Aber es bringt Frameworks wie TOGAF und SAFe zusammen. Mehr als ein Kessel Buntes!

von Norman Brehme 29 Aug., 2023
Low-Code ist als relativ neue Technologie überall im Gespräch. Warum eigentlich? Was sind die Vorteile und wo sind die Fallen. Der Blogbeitrag bringt ein wenig Licht ins Dunkle.
von Norman Brehme 02 Sept., 2020
Am 2. und 3. September fand und findet der EA Connect Days 2020 Kongress, veranstaltet vom EA-Werkzeuganbieter LeanIX, in Bonn statt. Bedingt durch die aktuellen Rahmenbedingungen, wurde der Kongress hybrid durchgeführt, d.h. alle Vorträge wurden online und onsite übertragen. Die Vortragenden waren nicht alle vor Ort, sie wurden entweder live übertragen oder eingespielt. Die Lokation war, wie im Jahr 2019, der ehemalige Bundestag in Bonn. Der Kongress war, gemessen an der allgemeinen Verunsicherung durch COVID 19, gut besucht. Auch im Online-Chanel war viel los. Allerdings fiel auf, dass insbesondere "onsite" der Andrang fehlte. Die Agenda versprach eine bunte Mischung aus verschiedenen Stoßrichtungen im Kontext EA. Das Versprechen wurde gehalten, mit Einschränkungen allerdings – dazu später. Aus dem reichhaltigen Angebot an kurzweiligen Vorträgen möchte ich nur einen kleinen Auszug nennen. Eine der Keynotes wurde von Frank Thelen gehalten, der die Zuhörerschaft motivierte, in diesen disruptiven Zeiten verstärkt Technologien zu verstehen und zu nutzen. Eine grundsätzliche ablehnende Haltung würde nichts an der weltweiten Nutzung und Ausbreitung ändern. Ich kann diesen Standpunkt sehr gut nachvollziehen. Gerade in Europa stehen wir neuen Technologien sehr kritisch und skeptisch gegenüber. Auch die Fragen im Plenum bezogen sich auf die kritischen Aspekte. Der BPM-Werkzeughersteller Signavio, vertreten durch Gero Decker, berichtete in einem Interview über die Faszination und Bedeutung der Prozesse und wies auf die Integration von LeanIX und Signavio hin. Gleichzeitig wurde Process Mining als das Hypethema auf dem Gebiet propagiert. Auch das Thema Cloud fehlte nicht. Unter dem Aspekt CMDB wurde auf einer Podiumsdiskussion auf das Spannungsfeld Agilität und Governance hingewiesen. Einer der Höhepunkte für mich waren die LeanIX-Features zum Thema „Business Transformation Management“ (BTM), die André Christ (LeanIX CEO) präsentierte. Dahinter verbirgt sich die Modellierung von Szenarien, die im Zusammenhang von Transformationen notwendig sind. Durch BTM hebt sich LeanIX von der Konkurrenz ab. Die vielseitige Nutzung von LeanIX wurde an verschiedenen Projektbeispielen aufgezeigt. Auch die Integration mit anderen Werkzeugen wie Apptio wurde präsentiert. Am 3. September wird ein LeanIX Certified EA Associate Training stattfinden.
von Norman Brehme 12 Aug., 2020
Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass die Arbeit der Enterprise-Architekten (EA) in Unterneh-men nicht von allen Betroffenen als wertschöpfend und notwendig angesehen wird. Projekte werfen der EA-Truppe vor, nicht schnell genug zu sein, die Fachseite behauptet, EA verhindern Innovationen und der CIO kann keinen messbaren Erfolg feststellen. Also frei nach dem §6 des „kölschen Grundge-setzes“ „Kenne mer nit, bruch mer nit, fott domet?“ Im Gegenteil - sage ich. Gerade in Zeiten der Digi-talisierung brauchen Unternehmen Architekturfähigkeiten, die helfen mit der VUCA-Welt umzugehen.
von Norman Brehme 06 Juli, 2020
Die Cloud ist nicht mehr wegzudenken: Sowohl in geschäftlicher als auch privater Hinsicht heißt es immer öfter „Gehen Sie in die Cloud?“, „Ich arbeite in einem Cloud-Projekt.“ Oder auch nur „Cloud-Architekt gesucht“. Obwohl der Begriff eigentlich kein spezifisches Produkt bezeichnet und mehr ein Marketing- als ein IT-Begriff ist, wird Cloud vielfältig verstanden und interpretiert. Die Cloud scheint eine der Antworten auf die Digitalisierung zu sein, die eine strategische Ausrichtung braucht.
von Norman Brehme 29 Juni, 2020
Es gibt diese Themen, die bei manchen Zeitgenossen sehr emotionale Reaktionen auslösen und zu heftigen Reaktionen führen, selbst wenn das jeweilige Thema eher technisch ist und die beteiligten Parteien rational Denkende und Handelnde sind. Microservices sind so ein Thema. Ich habe diese Situation, in der es nur um ein entweder/oder geht, als Berater mehrfach erlebt und habe die eingebrachte Emotionalität nur bedingt nachvollziehen können. Für mich sind Microservices - bei allen Nachteilen – ein geeignetes Architekturmuster, um althergebrachte Nachteile zu überwinden. Darum möchte ich kurz über meine Sicht und Einordnung auf das Muster „Microservice Architektur“ eingehen und eine zugebenermaßen subjektive Bewertung vornehmen. Um es jetzt schon zu sagen: Mich begeistern Microservices!
von Norman Brehme 25 Juni, 2020
Enterprise Architecture Management ist wahrlich nichts Neues. Oft kann man als Berater den Eindruck gewinnen, dass es in den Organisationen geradezu aus der Mode gekommen ist, ernsthaft über die Chancen und Möglichkeiten eines ausgewachsenen EAM zu reden. Die Vorwürfe lauten: "zu starr", "zu langsam", "zu teuer", "zu IT-lastig" und dergleichen mehr. Tatsächlich ist es in Organisationen zu beobachten, dass vor Jahren erste Erfahrungen mit TOGAF und Co. gemacht wurden. Aber irgendwie hat es scheinbar nichts gebracht (Wo waren die KPI?). Höchste Zeit für einen Relaunch. Damit der gelingen kann, möchte ich hier ein Grundsätze bzw. Richtlinien benennen, von denen ich behaupte, dass sie bei der Einführung von EAM helfen. Es müssen auch Branchenspezifische Eigenheiten berücksichtigt werden, aber in der ersten Näherung gelten diese Grundsätze übergreifend.
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